Am zentralen Ort der Bücherverbrennungen im Jahr 1933, dem Bebelplatz in Berlin, hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth heute bei einer Gedenkveranstaltung der Staatsbibliothek zu Berlin zur Verteidigung der literarischen Freiheit als Grundpfeiler der Demokratie aufgerufen. In Erinnerung an die im nationalsozialistischen Deutschland auf schwarze Listen gesetzten, zensierten und verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftsteller las die Kulturstaatsministerin zudem Auszüge aus der Protestschrift „Verbrennt mich!“ von Oskar Maria Graf sowie aus Lion Feuchtwangers Roman „Exil“. Weitere Lesebeiträge übernahmen unter anderem Achim Bonte, Klaus Lederer, Natalia Wörner, Claudia Michelsen, Tessa Ganserer, Maxim Leo sowie Nasir Ahmad Nadeem und Meral Şimşek, übersetzt von Eva Menasse.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth: „Als vor 90 Jahren zehntausende Bücher jüdischer sowie politisch andersdenkender Autorinnen und Autoren den Flammen übergeben wurden, waren dies die Stunden, in denen das nationalsozialistische Deutschland die Freiheit der Literatur und Kunst zerstörte und begann, die Trägerinnen und Träger deutscher Kultur zu vertreiben oder anschließend auch gezielt umzubringen. 70 000 Menschen sahen dabei zu, wie der Hass Flammen schlug, Bücher Feuer fingen und damit die systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, politisch Andersdenkender und vieler anderer ihren bitteren Lauf nahm. Deshalb stehen wir heute hier, um in Erinnerung an die Barbarei des nationalsozialistischen Deutschlands für die Freiheit des Geistes einzutreten.“
Zugleich unterstrich die Staatsministerin die Bedeutung der Möglichkeit zur Flucht und des Exils für die deutsche Literaturkultur während der NS-Terrorherrschaft: „Viele Autorinnen und Autoren haben ihre Verfolgung damals mit dem Leben bezahlt, aber einige überlebten, weil sie in freie Staaten fliehen und dort Exil erhalten konnten: Heinrich und Thomas Mann, Alfred Döblin, Egon Erwin Kisch, Lion Feuchtwanger, Nelly Sachs, Anna Seghers, Erich Maria Remarque und viele andere wären ohne eine Aufnahme im Ausland in dieser Zeit verstummt. Deutschland hat deshalb bis heute eine ganz besondere Verantwortung, wenn es um die Aufnahme von Menschen geht, die vor autoritären Regimen fliehen müssen, die die Freiheit der Meinung, der Presse, der Kunst und der Wissenschaft bekämpfen oder gar Krieg führen gegen die kulturelle Identität eines ganzen Landes wie es momentan in der Ukraine geschieht.“
Die Gedenkveranstaltung „Durch Licht zur Nacht – Erinnerung an 90 Jahre Bücherverbrennung“ fand in Kooperation mit dem Unternehmen Bertelsmann, der Staatsoper Unter den Linden, der Barenboim-Said-Akademie, der Humboldt-Universität, der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und PEN Berlin statt.
Weitere Informationen: www.staatsbibliothek-berlin.de