Seit 2018 unterstützt die unabhängige und überbetriebliche Vertrauensstelle Themis Menschen, die in Kultur und Medien arbeiten und dort Erfahrungen mit sexueller Belästigung machen. Insgesamt 845 Fälle sexueller Belästigung wurden dem Verein bislang gemeldet, über 2.000 Beratungsgespräche haben seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt – Tendenz steigend. Es sind beunruhigende Zahlen, die auch durch eine aktuelle Studie bestätigt werden.
Oft seien es die Rahmenbedingungen, die die Kultur- und Medienbranchen für Machtmissbrauch und sexualisierte Übergriffe anfällig machten, erklärte die Kulturstaatsministerin beim Pressegespräch im Bundeskanzleramt mit Blick auf die Studienergebnisse. „Wir müssen deswegen im Kultur- und Medienbereich mit besonders wachen Augen auf die Strukturen schauen und auf eine Kultur hinarbeiten, in der sich alle ohne Angst vor sexualisierter Gewalt und Belästigung künstlerisch entfalten und ihre Arbeit machen können“, so Claudia Roth.
Gemeinsam mit der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes Ferda Ataman, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats Olaf Zimmermann und Eva Hubert, geschäftsführender Vorstand der Themis, stellte Roth heute einen Aktionsplan vor. Dieser setzt auf unterschiedlichen Ebenen an und wird in Zusammenarbeit mit den Verbänden, Organisationen und Unternehmen im Kultur- und Medienbereich umgesetzt werden. Ziel sei es, einen Prozess in Gang zu setzen, der für einen echten Kulturwandel sorge, so Roth.
Code of Conduct für Kultur- und Medienbranchen
Der Aktionsplan umfasst drei Komponenten. Zum einen soll ein breites Bündnis aus Verbänden und Organisationen einen Verhaltenskodex für die Kultur- und Medienbranchen erarbeiten. Dafür wird der Deutsche Kulturrat einen Verständigungsprozess innerhalb der Branchen anstoßen und moderieren. Dabei sollen Handlungsempfehlungen für ein respektvolles Arbeiten in Kultur und Medien entwickelt werden. „Je konkreter so ein Kodex formuliert ist und je klarer die Konsequenzen bei Verstößen sind, desto besser“, sagte Ferda Ataman dazu. Der Dialogprozess soll durch einen wissenschaftlichen Beirat begleitet werden.
Stärkung der Vertrauensstelle Themis
Als zweite Maßnahme sollen die Präventionsangebote der Themis erweitert werden. Bereits seit 2020 bietet die Vertrauensstelle neben der juristischen und psychologischen Beratung Betroffener auch Webinare und Trainings für verschiedene Zielgruppen und Branchen innerhalb des Kultur- und Mediensektors an. Mit einer zusätzlichen Projektförderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sollen nun insbesondere die Präventionsangebote ausgebaut werden, die sich speziell an Führungskräfte sowie Arbeitgeberinnen und -geber richten.
Schließlich soll die Themis mit Unterstützung des Bundes ein Online-Tool entwickeln, das niedrigschwellig bei der Organisationsentwicklung hilft. Auch kleine Kultur- und Medienbetriebe sollen so dabei unterstützt werden, diskriminierungsfreie Arbeitsstrukturen zu schaffen.
Die unabhängige Vertrauensstelle Themis war 2018 durch mehrere Brancheneinrichtungen der Film-, Fernseh- und Theaterbranche eingerichtet worden – mitinitiiert und gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Der Kreis an Mitgliedern und Förderern hat sich seit der Gründung konstant erweitert, auch durch zahlreiche neue Mitglieder aus dem Hörfunk und der Musikindustrie.