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15 Thesen zum Zusammenhalt in Vielfalt

Thema: Initiative kulturelle Integration

Wie kann Kultur das Zusammenleben in einer pluralen, weltoffenen Gesellschaft fördern? Dieser Frage ist die „Initiative kulturelle Integration“ mit 15 Thesen unter dem Titel „Zusammenhalt in Vielfalt“ nachgegangen. Das 2017 erstmals veröffentlichte Thesenpapier wurde 2023 mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen überarbeitet. Ausgangspunkt für die Thesen der Initiative ist das Grundgesetz.

Die „Initiative kulturelle Integration“ ist ein breites Bündnis von Sozialpartnern, Medien, Kirchen und Religionsgemeinschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen, kommunalen Spitzenverbänden, der Kulturministerkonferenz und vier Bundesministerien. Moderiert vom Deutschen Kulturrat haben die 28 Mitglieder insgesamt 15 Thesen zu kultureller Integration und Zusammenhalt erarbeitet. Sie wurden 2017 erstmals veröffentlicht und 2023 mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen angepasst.

Unter dem Motto „Zusammenhalt in Vielfalt“ geht es dabei unter anderem um Themen wie die prägenden Faktoren einer pluralen Gesellschaft, die integrative Wirkung der Erwerbsarbeit, die Bedeutung der Erinnerungskultur und die Relevanz kultureller Vielfalt.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ist Mitinitiatorin der „Initiative kulturelle Integration“ und unterstützt diese finanziell.

Das Grundgesetz als Basis

Ausgehend von der Erkenntnis, dass gesellschaftliche Integration nur durch kulturelle Integration gelingen kann, bildet das Grundgesetz den Ausgangspunkt der Thesen. Vor allem in den ersten zwanzig Artikeln geben sie die „unverrückbaren Prinzipien des Zusammenlebens“ in der Bundesrepublik Deutschland vor.

Weil jedoch allein auf Basis von Gesetzestexten kein gesellschaftlicher Zusammenhalt erwächst, unterbreiten die Thesen Vorschläge, um beispielsweise verschiedene kulturelle Gepflogenheiten miteinander in Einklang zu bringen, Geschlechtergerechtigkeit zu gewährleisten und mit einer lebendige Debatten- und Streitkultur zu einer starken Demokratie beizutragen.

Darüber hinaus stehen Themen wie Religion, Kunstfreiheit, Einwanderungsgeschichte, Toleranz, parlamentarische Demokratie, bürgerschaftliches Engagement, Bildung, Sprache, Erinnerungskultur, Arbeit und kulturelle Vielfalt im Fokus der Thesen.

Einladung zum Dialog

Die Initiatoren und Mitglieder der „Initiative kulturelle Integration“ treten für die unten formulierten Thesen ein. Sie laden dazu ein, sich diesen Thesen anzuschließen, sie zu verbreiten und mit Leben zu erfüllen. Ziel ist es, für diese Positionen zu werben, darüber ins Gespräch zu kommen, Begegnungen zu organisieren und Vorbehalte abzubauen.


15 Thesen Zusammenhalt in Vielfalt

Präambel

Die Menschen in Deutschland wie in anderen Ländern haben große Herausforderungen zu bewältigen. Die Auswirkungen der Pandemie der letzten Jahre, der fortschreitende Klimawandel, die Globalisierung und geopolitische Veränderungen, die damit verbundenen Migrationsbewegungen sowie der Krieg in Europa und in vielen Regionen der Welt verunsichern auch hierzulande viele Menschen. Bestehende Gewissheiten brechen weg. Vertraute Gewohnheiten werden zunehmend infrage gestellt. Allzu schnell wird dabei vergessen, welche Umbrüche in Deutschland und Europa bereits gemeistert wurden. Ziel des europäischen Einigungsprozesses bleibt es, für ein demokratisches und friedliches Europa einzutreten, das dem kulturellen Austausch dient. – Die Initiative kulturelle Integration steht für eine Gesellschaft, die vorausschauend Herausforderungen annimmt, um sie gemeinsam zu gestalten.

In Deutschland leben seit Jahrhunderten Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen. Unterschiedliche biografische Erfahrungen und regionale Traditionen prägen unser Land und sind Teil unserer kulturellen Vielfalt, darauf kann unsere Gesellschaft zu Recht stolz sein. Das schließt ein, dass Menschen nach Deutschland migrieren und unabhängig von ihrer Herkunft und Nationalität Teil unserer Gesellschaft sind. – Die Initiative kulturelle Integration steht für eine Gesellschaft, die Vielfalt fördert und Teilhabe ermöglicht.

Einwanderung in jeglicher Form, ob durch Flucht, gezielte Anwerbung oder aus familiären Gründen verursacht, verändert eine Gesellschaft und erfordert Offenheit, Respekt, Anerkennung und Toleranz auf allen Seiten. Gesellschaftlicher Wandel ist ein stetiger Aushandlungsprozess, in dem um Positionen gerungen werden muss. Dieser Prozess vollzieht sich im täglichen Miteinander und schließt alle hier lebenden Menschen ein. Konstruktiv gestaltet ist dieser Prozess ein Gewinn für unsere Gesellschaft und ihren Zusammenhalt. Das Schüren von Ängsten und Feindseligkeiten spaltet die Gesellschaft. Probleme bei der Integration müssen benannt werden. – Die Initiative kulturelle Integration steht für eine weltoffene Gesellschaft, die ein Miteinander auf der Basis der Grundrechte und Werte des Grundgesetzes schafft und mit gemeinschaftlich ausgehandelten Regeln verbindet. Gesellschaftliche Teilhabe und Integration betreffen alle in Deutschland lebenden Menschen.

Gelebte Vielfalt stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kulturinstitutionen befördern die kulturelle Integration. Sie ermöglichen eine Auseinandersetzung mit den Werten der Gesellschaft, vermitteln Geschichte und Gegenwart Deutschlands und eröffnen Räume für neue Perspektiven. – Die Initiative kulturelle Integration steht für Zusammenhalt in Vielfalt.

Wir legen den nachfolgenden 15 aktualisierten Thesen der Initiative kulturelle Integration den Kulturbegriff der UNESCO zugrunde. Er stellt darauf ab, dass „die Kultur in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden kann, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertesysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“

These 1: Die Grundrechte und Werte des Grundgesetzes sind Grundlage für das Zusammenleben und den Zusammenhalt in Deutschland.

In Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes wird unmissverständlich festgestellt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieser auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen festgelegte Grundsatz gilt weltweit und für alle in Deutschland lebenden Menschen, unabhängig davon, ob hier geboren oder aus unterschiedlichen Gründen eingewandert, unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Alter, sexueller Orientierung, Religionszugehörigkeit, ob mit oder ohne Behinderung. Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, ist unverhandelbare Voraussetzung für das Zusammenleben in unserer freiheitlichen Demokratie und Grundlage für alles staatliche Handeln. Der Grundrechtskatalog des Grundgesetzes ist von dem Bewusstsein getragen, die Menschen vor staatlicher Willkür zu schützen und den Schutz der Menschenwürde zu sichern.

These 2: Debatten- und Streitkultur zeichnen die Demokratie aus.

Die freiheitliche Demokratie lebt durch Demokratinnen und Demokraten, die sich aktiv für sie und die mit ihr verbundenen Aushandlungsprozesse stark machen. Kontroversen, die durch wechselseitiges Zuhören und konstruktive Auseinandersetzung geprägt sind, gehören zu einer demokratischen Debatten- und Streitkultur. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum friedlichen und respektvollen Zusammenleben und tragen zur Entwicklung individueller und gesellschaftlicher Positionen bei. Aushandlungsprozesse setzen Kompromissfähigkeit voraus. Sie sind das Gegenteil von Populismus und wirken einer Polarisierung der Gesellschaft entgegen. Zur wehrhaften Demokratie gehört, sich entschieden gegen jede Form von Extremismus und Demokratiefeindlichkeit zu stellen.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Antisemitismus, Rassismus und alle anderen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung gefährden die Grundlagen der demokratischen Kultur. Sie haben
in einer freiheitlichen Demokratie keinen Platz. Wer gegen Menschen hetzt oder gar Gewalt anwendet, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

These 3: Die parlamentarische Demokratie lebt durch Engagement und Respekt vor Entscheidungen.

Die parlamentarische Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Demokratische Bewegungen haben sie in Jahrhunderten entwickelt, erkämpft und geformt. Sie bedarf klarer Spielregeln, stabiler Institutionen, des Engagements der und des Einzelnen sowie des Respekts und der Wertschätzung seitens der gesamten Gesellschaft. Mehrheitsentscheidungen gilt es ebenso zu respektieren wie Minderheitenrechte. Frei gewählte Parlamente stellen die legitime Vertretung aller Bürgerinnen und Bürger dar. Die demokratischen Parteien sind ebenso wie die Zivilgesellschaft gefordert, die Vielfalt der Gesellschaft auch in ihrer Mitgliedschaft sichtbar werden zu lassen. Partizipationsmöglichkeiten und transparente Entscheidungen stärken die innerdemokratischen Prozesse von Organisationen. Gemeinwohl ist mehr als die Summe von Partikularinteressen und sichert Zusammenhalt in Vielfalt. Die parlamentarische Demokratie lebt vom Wettbewerb um die besten Ideen und Konzepte für die Gesellschaft von heute und morgen.

These 4: Geschlechtergerechtigkeit ist ein Eckpfeiler unseres Zusammenlebens.

Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung gehören zu den grundlegenden Prinzipien unseres Zusammenlebens. Sie sind im Grundgesetz als verfassungsrechtliches Gebot der Gleichberechtigung von Mann und Frau verankert. Es bleibt eine Aufgabe für Staat und Gesellschaft, Geschlechtergerechtigkeit in all ihren Facetten zu verwirklichen und bestehenden Benachteiligungen entgegenzuwirken. Das gesellschaftliche Verständnis von Geschlecht hat sich in den letzten Jahren verändert. Dazu gehört auch, die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu stärken. Gleichwohl hat der Auftrag, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu verwirklichen, nichts an Relevanz verloren.

These 5: Religion gehört in den öffentlichen Raum.

Religionen können wichtige Beiträge zur kulturellen Integration und Teilhabe leisten. In Deutschland sind Staat und Religion klar voneinander getrennt, aber auch aufeinander bezogen. Den Religionsgemeinschaften wird die Möglichkeit gegeben, in der Öffentlichkeit sichtbar aufzutreten und aktiv am gesellschaftlichen Leben mitzuwirken. Zugleich unterliegen sie den geltenden rechtsstaatlichen Regeln und einem öffentlichen Diskurs. Dieses Verhältnis von Staat und Religion hat sich in Deutschland bewährt. Die ökumenische Verständigung, der interreligiöse Dialog und die friedensstiftende Kraft von Religionen sollen gestärkt werden. Einen Missbrauch von Religion für extremistische Ansichten tolerieren wir nicht. Nur so können Gemeinsamkeiten gefunden werden, um mit bestehenden Unterschieden konstruktiv umzugehen.

These 6: Die Kunst ist frei.

Die Künste ermöglichen die Auseinandersetzung mit persönlichen, philosophischen, gesellschaftlichen und politischen Grundfragen. Sie weisen über das unmittelbare Erleben hinaus, eröffnen neue Sinnhorizonte und Erfahrungsräume. In der Fähigkeit, Kunst zu schaffen und zu interpretieren, überschreitet der Mensch, wie die UNESCO formuliert, seine eigene Begrenztheit. Die im Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit sichert die Entfaltung der Künste. Die Kunstfreiheit auszuhalten, ist für die freiheitliche Gesellschaft unverzichtbar. Kunst kann verstörend sein. Kunstwerke können Missfallen auslösen. Sie müssen immer wieder neu befragt und interpretiert werden sowie sich der kritischen Debatte stellen. Die Kunstfreiheit darf aber nicht als Deckmantel für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit benutzt werden. Verantwortliche in Kultureinrichtungen und von Kulturveranstaltungen stehen auch in einer kulturpolitischen Verantwortung.

These 7: Die freie Meinungsbildung stärkt die Demokratie.

Zu einer freiheitlichen Demokratie gehört das Recht auf freie Meinungsbildung. Journalistisch-redaktionell veranlasste Angebote leisten unabhängig von ihrem Verbreitungsweg einen eigenen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs. Sie informieren, sie unterhalten, sie regen Diskussionen an, sie bieten Hintergrundinformationen, sie vermitteln Werte und leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsbildung. Die Presse-, Rundfunk- und Meinungsfreiheit gehören zu den unabdingbaren Prinzipien in Deutschland.

Desinformation, Hassrede oder Aufrufen zur Gewalt muss in der Demokratie entschieden entgegengetreten werden. Diejenigen, die die Grundlagen der freiheitlichen Demokratie bekämpfen, müssen mit den zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln zur Verantwortung gezogen werden.

These 8: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sinnvoll nutzen und gestalten.

Die fortschreitenden digitalen Innovationen, insbesondere die Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz, verändern unsere Gesellschaft in vielen Bereichen. Unter anderem beschleunigen sie die Kommunikation, erweitern den Zugang zu Wissen und Informationen, erleichtern Prozesse im Alltag und prägen in vielen Bereichen die Gesellschaft. Die digitale Transformation ermöglicht auch neue Formen des kulturellen Austauschs.

Digitalisierung und Künstliche Intelligenz verändern das kulturelle und gesellschaftliche Leben massiv. Die Konsequenzen dieses Wandels sind noch nicht absehbar. Deshalb ist es unerlässlich, sich auf Grundsätze zu verständigen. Künstliche Intelligenz kann als Werkzeug vieles unterstützen. Sie bedarf aber wie die Digitalisierung insgesamt der Regulierung, dabei sind insbesondere die Menschenwürde und die Persönlichkeitsrechte zu berücksichtigen. Dies gilt auch für das Urheberrecht. Ethische und politische Entscheidungen dürfen nicht der Künstlichen Intelligenz überlassen werden. Hier muss der Mensch das letzte Wort haben.

These 9: Deutschland ist ein Einwanderungsland.

Deutschland ist multiethnisch geprägt – von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion, Sprache und kultureller Prägung. Einwanderung und Integration gehören zu uns. Das trifft auf die Vergangenheit zu, in der Deutschland unterschiedliche Phasen der Einwanderung erlebt hat, und auf die Gegenwart mit Blick auf die weltweiten Migrationsbewegungen. Asyl ist ein Grundrecht.

Der kulturelle Reichtum Deutschlands speist sich auch aus den Einflüssen Eingewanderter. Dies ist ein Beleg für erfolgreiche historische Integrationsprozesse und ermutigt, für Einwanderung offen zu sein. Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte sind ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft. Sie tragen Verantwortung in Politik, Wirtschaft, Kultur und anderen gesellschaftlichen Bereichen und wirken an der Gestaltung der Gesellschaft mit. Hindernisse und Marginalisierungen gilt es zu überwinden.

Aufgrund des demografischen Wandels ist Deutschland auch auf Erwerbseinwanderung angewiesen, denn in vielen Branchen werden Arbeits- und Fachkräfte gesucht. Unternehmen in Deutschland und die öffentliche Hand stehen im internationalen Wettbewerb um die besten Talente. Die freiheitliche Demokratie, adäquate Strukturen und eine Willkommenskultur, die die Menschen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen wie Bildung, Kultur, Nachbarschaft usw. in den Blick nimmt, sind Voraussetzungen für gelingende Einwanderung. Eine solche Willkommenskultur strahlt aus und kann dabei helfen, Arbeits- und Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

These 10: Bürgerschaftliches Engagement ist gelebte Demokratie.

Die freiheitliche Demokratie lebt vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger vor Ort – in formellen oder informellen Zusammenhängen, in Parteien, in Vereinen, in Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen, in Religionsgemeinschaften sowie in unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie bringen ihre Anliegen in den demokratischen Diskurs ein. Bürgerschaftlich Engagierte, egal ob hier geboren oder eingewandert, übernehmen Verantwortung und leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie tragen dazu bei, dass Menschen sich zugehörig fühlen.

Das sich fortlaufend verändernde bürgerschaftliche Engagement ist integraler Bestandteil eines subsidiären Staatsverständnisses, das zunächst die kleinsten gesellschaftlichen Einheiten in die Lage versetzt, aktiv zu werden. Bürgerschaftliches Engagement ist kein Ersatz für staatliche Leistungen, ergänzt diese aber in vielen gesellschaftlich relevanten Bereichen sinnvoll und aktiv.

Neben dem bürgerschaftlichen Engagement, das für den Zusammenhalt der Gesellschaft eintritt, gibt es auch das ausgrenzende, demokratie- und menschenfeindliche Engagement. Diesem Engagement, das das Fundament unserer Gesellschaft beschädigen soll, muss entschieden entgegengetreten werden.

These 11: Bildung schafft den Zugang zur Gesellschaft.

Bildung ist eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung der Persönlichkeit und die Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitswelt. In der freiheitlichen Demokratie kommt es darauf an, allen Menschen Zugang zum formalen und non-formalen Bildungssystem zu eröffnen. Bildung findet zum einen in formalen Kontexten wie Kita, Schule, Berufsschule, Ausbildungsbetrieb und Hochschule statt, zum anderen in non-formalen wie in der Familie, in Vereinen, Religionsgemeinschaften und Gemeinden, der Weiterbildung im Betrieb, in Kultureinrichtungen, den Medien und anderen Zusammenhängen. Beide, die formale und die non-formale Bildung, sind für die Persönlichkeitsbildung und die Teilnahme am Erwerbsleben unerlässlich. Sie ermöglichen eine eigenständige Lebensgestaltung und Übernahme von Verantwortung für sich und andere. Ein durchlässiges Bildungssystem ermöglicht Chancengleichheit unabhängig von den Startbedingungen. Die Wissenschaftsfreiheit ist wie die Kunstfreiheit für eine freiheitliche Demokratie essenziell.

Kulturelle Bildung und politische Bildung sind Schlüsselfaktoren der Integration, sie öffnen den Zugang zum gesellschaftlichen und zum kulturellen Leben. Mit ihnen wird überdies der Umgang und das Aushalten von Differenzen und Spannungen eingeübt.

These 12: Sprache ist mehr als ein Kommunikationsmittel.

Die gemeinsame deutsche Sprache ist der Schlüssel zur Teilhabe aller in Deutschland lebenden Menschen am gesellschaftlichen Leben. Sie ist das unverzichtbare Mittel zu gleichberechtigter Kommunikation. Sprache ist aber nicht nur Kommunikationsmittel, sie ist zugleich Kulturgut, das in Dichtung und Literatur seinen Ausdruck findet und den Zugang zu Kultur und Gesellschaft ermöglicht. Sprache zu vermitteln und zu fördern, ist eine zentrale Aufgabe des Bildungssystems, unterstützt durch die Sprachkultur in Gesellschaft und Öffentlichkeit.

Gleichzeitig ist Mehrsprachigkeit ein besonderer Schatz. Menschen, die sich in verschiedenen Sprachen verständigen und ausdrücken, können Brücken bauen und Zugänge ermöglichen. Mehrsprachigkeit zeugt von kulturellem Reichtum, bedarf der Wertschätzung und muss stärker gefördert werden. Dies gilt auch für die in Deutschland anerkannten Minderheiten- und Regionalsprachen. Gerade mit Blick auf die Globalisierung, die auch bedeutet, dass Menschen aus Deutschland temporär im Ausland leben oder Menschen aus dem Ausland sich vorübergehend in Deutschland aufhalten, ist Mehrsprachigkeit ein großer Gewinn. Dabei dürfen die nonverbalen Ausdrucksformen, die ebenfalls ein eigenes Regelwerk haben, wie zum Beispiel im Sport, in der Musik, im Tanz und so weiter, nicht außer Acht gelassen werden.

These 13: Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist nie abgeschlossen.

Es bleibt eine fortwährende Aufgabe, sich aktiv mit der Vergangenheit zu befassen. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur einschließlich der Shoah nimmt in der Erinnerungskultur in Deutschland einen besonderen Platz ein. Die Erinnerung daran wachzuhalten und weiterzugeben, ist eine dauernde Verpflichtung für in Deutschland geborene Menschen wie für Zugewanderte. Dies schließt ein, sich gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu wenden.

Andere Phasen der deutschen Geschichte wie zum Beispiel die Demokratiebewegungen, die Geschichte der deutschen Teilung oder der Kolonialismus sind ebenfalls Teil der deutschen Erinnerungskultur und müssen angemessen berücksichtigt werden. Erinnerungskultur und -orte sind immer auch Teil der Stadt- und Regionalgeschichte. Ebenso müssen die vielfältigen Geschichten der eingewanderten Menschen in der Erinnerungskultur Berücksichtigung finden. Daraus entsteht die Aufgabe, die Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft weiterzuentwickeln.

Wesentlich sind in der Erinnerungskultur insbesondere partizipationsorientierte Dialogformate, die auch diskriminierende oder rassistische Haltungen stets mitreflektieren. Erzählungen, Artefakte, Bilder, Medien, Musik, Film, Tanz, Bauwerke und anderes mehr bieten emotionale Zugänge zu Geschehenem, die die Tür für eine weitergehende Befassung mit der deutschen Geschichte öffnen können.

These 14: Erwerbsarbeit ist wichtig für Teilhabe, Identifikation und sozialen Zusammenhalt.

Erwerbsarbeit, als abhängige Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit, besitzt eine große Integrationskraft. Sie bringt die Gesellschaft und die einzelnen Menschen zusammen. Sie begründet Selbstbewusstsein und Identifikation mit dem aus eigener Kraft Geleisteten. Sie gibt dem Alltag Struktur, ermöglicht Kommunikation und fördert so ganz entscheidend den sozialen Zusammenhalt. Weil Erwerbsarbeit eine so große Bedeutung hat, ist der Zugang aller erwerbsfähigen Menschen zum Arbeitsmarkt essenziell, ungeachtet der jeweils individuellen Lebenssituation. In unserer Arbeitsgesellschaft sollen die Talente der Menschen zur Entfaltung kommen, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer oder sozialer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität. Die gesellschaftliche Vielfalt muss sich in der Beschäftigtenstruktur widerspiegeln. Das gilt für den öffentlichen Sektor ebenso wie für die Privatwirtschaft.

Eine starke wirtschafts- und sozialpolitische Zusammenarbeit in der Sozialen Marktwirtschaft zwischen den Verbänden der Arbeitgeber und Arbeitnehmer untereinander, in der Sozialen Selbstverwaltung und mit der Regierung leistet einen wichtigen Beitrag zu unserem demokratischen System. Das deutsche Modell der Sozialpartnerschaft ist prägendes Merkmal der Sozialen Marktwirtschaft und trägt zu sozialem Zusammenhalt bei. Die Verankerung der Koalitionsfreiheit in unserer Verfassung bildet die Basis für gesellschaftliche Verständigung und sozialen Frieden.

These 15: Kulturelle Vielfalt ist eine Stärke. 

Vielfalt anzuerkennen, ist für eine freiheitliche Demokratie unerlässlich. Dies zeigt sich in Toleranz, Wertschätzung und Respekt im täglichen Miteinander. Vielfalt bedeutet auch Vielstimmigkeit sowie die Verantwortung, die unterschiedlichen Stimmen wahrund ernstzunehmen, ihnen Gehör zu verschaffen und das eigene Leben nicht zum alleingültigen Maßstab zu machen.

Bedingt durch die deutsche Geschichte hat die kulturelle Vielfalt der Städte, Landkreise und Gemeinden sowie der Länder einen herausgehobenen Stellenwert. Das betrifft die Sprache ebenso wie besondere kulturelle Ausdrucksformen, ein sehr breites Kulturangebot sowie einen großen Reichtum materiellen und immateriellen kulturellen Erbes.
Die Vielfalt unserer Gesellschaft spiegelt sich in der Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen. Sie wird durch den internationalen Austausch von Künstlerinnen und Künstlern sowie von allen in Deutschland lebenden Menschen geprägt. Zur kulturellen Vielfalt in Deutschland gehört auch die Kultur von Menschen, die hier im Exil leben. Kultur leistet einen wichtigen Beitrag zur Zugehörigkeit aller in Deutschland lebenden Menschen. Sie ermöglicht die Einbindung in das Gefüge unserer Gesellschaft. Kulturelle Vielfalt kann zu mehr Auseinandersetzung führen, manchmal auch zu neuen Konflikten. Das ist Teil ihrer Dynamik. Allerdings dürfen Kunst und Kultur nicht zur Ausgrenzung benutzt werden.

Zusammenhalt in Vielfalt lebt von Respekt, Anerkennung und gegenseitiger Wertschätzung. Dies gewährleistet die Zugehörigkeit aller in Deutschland lebenden Menschen zu unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft.


Mitglieder der Initiative kulturelle Integration

  • ARD
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände
  • Bundesministerium des Innern
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales
  • Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger
  • Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
  • Deutsche Bischofskonferenz
  • Deutscher Beamtenbund und Tarifunion
  • Deutscher Gewerkschaftsbund
  • Deutscher Journalisten-Verband
  • Deutscher Kulturrat
  • Deutscher Landkreistag
  • Deutscher Naturschutzring
  • Deutscher Olympischer Sportbund
  • Deutscher Städte- und Gemeindebund
  • Deutscher Städtetag
  • Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
  • Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
  • Evangelische Kirche in Deutschland
  • Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen
  • Koordinationsrat der Muslime
  • Kultusministerkonferenz
  • Neue Deutsche Organisationen
  • Verband Deutscher Zeitschriftenverleger
  • Verband Privater Rundfunk und Telemedien
  • ZDF
  • Zentralrat der Juden in Deutschland

Stand: Dienstag, 19. Dezember 2023

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