- Es gilt das gesprochene Wort. -
Ich freue mich, Sie alle hier zu sehen und auch in meinem Namen zu begrüßen. Ich freue mich, dass Sie hier sind, liebe Sie alle und liebe Demokratinnen und Demokraten – das ist in diesen Zeiten wirklich sehr wichtig, wie der Bürgermeister zu Recht gesagt hat – ganz herzlich willkommen.
„Die Natur ist stumm, man befragt sie vergeblich“, das war Voltaire in einem seiner Gedichte. Er war ja Freund und Dauergast Friedrichs des Großen und ich bin sicher, er hat reichlich Gelegenheit gehabt, gemeinsam mit Freund Fritz die Natur des damals frisch angelegten Parks hier zu befragen. Würden sie es heute tun, käme Voltaire vermutlich zu einer ganz anderen Einschätzung. Die Natur ist keineswegs stumm. Sie zeigt uns, dass und wie sie leidet. Man muss nur genau hinsehen. Lieber Herr Vogtherr, Sie haben ja erklärt, worauf man achten muss, und Sie haben sehr deutlich beschrieben, dass der Park Sanssouci derzeit eher ein Park Avec-Souci wäre und ist. Ich hatte mir schon im vergangenen Jahr ein Bild davon gemacht und es wurde sehr deutlich: Wir alle müssen mehr tun. Denn tatsächlich ist unser grünes Kulturerbe in Gefahr! Und es sind nicht nur die Parks und Gärten, die jetzt schon von der Klimakrise betroffen sind.
Ich komme unmittelbar aus Süddeutschland, aus Schwaben, ich war in Babenhausen, einem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, auch mit einem großen Schlosspark, das ist der Stammsitz der Familie Fugger, in dem meine Schwester lebt. Und ich war gestern auch im Kreis Augsburg –die Eindrücke von dort sind bedrückend, sind bewegend. Meine Gedanken heute sind dabei vor allem bei den Menschen, die diese Katastrophe nicht überlebt haben. Bei den Feuerwehrmenschen, die versucht haben, andere Menschen zu retten, bei anderen Menschen, die in ihren Kellern nicht die Flucht ergreifen haben können und die ertrunken sind. Meine Gedanken sind bei allen, deren Heim, deren Zuhause, ja deren Leben schwer getroffen wurde von dieser Katastrophe und das sind wirklich sehr, sehr viele. Und mein besonderer Dank gilt all den Rettungskräften und Sicherheitskräften, die nun schon seit Tagen unermüdlich im Einsatz sind und die es weiter sein werden, denn es sind auch heute neue Katastrophengebiete definiert worden.
Ja, Überschwemmungen und Naturkatastrophen gab es schon immer – aber sie nehmen in den vergangenen Jahren dramatisch zu. Und sie nehmen in ihrer extremen Art und Weise dramatisch zu. Und alle Experten sagen uns auch zu diesen katastrophalen Überschwemmungen: Sie sind eine Folge der Klimakrise. Diese Klimakrise ist sichtbar, sie ist hier, sie betrifft uns und sie hat schreckliche Folgen, wie gerade jetzt in Süddeutschland.
Deshalb ist es doch von enormer Bedeutung, dass wir uns mit Hochdruck darum kümmern, unser kulturelles Erbe zu bewahren – für uns, und für die nachfolgenden Generationen. Dafür gilt es, auch den Kulturbereich nachhaltig und damit zukunftsfest aufzustellen.
Und es ist umso ermutigender, dass ich in diesen Tagen, dass ich heute hier vor so vielen Menschen stehen kann, die daran mitarbeiten wollen und können, an einem nachhaltigen, zukunftsfesten Kulturerbe. Menschen, die Pioniere und Pionierinnen der Transformation sind. Menschen, die an vielen Stellen in unserem Land schon ganz konkret den ökologischen Wandel vorantreiben und Kultur zukunftsfest gestalten.
Kunst und Kultur sind im Umgang mit der Klimakrise in mehrfacher Hinsicht gefordert. Zum einen können sie ihren Blick auf die Zukunft in Wort, Ton und Bild fassen und damit unsere Vorstellungskraft beflügeln. Sie können die Klimakrise und ihre Folgen reflektieren und damit auch die Folgen des menschengemachten Klimawandels. Sie können ihr Publikum sensibilisieren, für Konflikte und möglicherweise auch für kreative Lösungsansätze. Sie können eine ganz neue Ästhetik der Nachhaltigkeit schaffen und damit in die gesamte Gesellschaft wirken – nicht pädagogisch, nicht propagandistisch, sondern als Impulsgeber, als ein „Imaginationsmotor“. Kunst kann dafür einen wichtigen Beitrag leisten.
Doch die ästhetische Auseinandersetzung mit der Klimakrise, der Diskurs und die Thematisierung allein werden nicht ausreichen, sie abzuwenden. Sie sind eine Form der Auseinandersetzung mit ihr. Um sie abzuwenden oder doch wenigstens ihre Folgeschäden zu verringern, ist der Kulturbereich selbst gefordert, sich mit seinem CO2-Fußabdruck auseinanderzusetzen, Energie zu sparen, nachhaltiger zu wirtschaften, zu produzieren und zu bauen, sich insgesamt klimaneutral aufzustellen.
Hier und heute geht es darum, dass der Kulturbereich wehrhafter, resilienter werden und sich auf die veränderten Klimabedingungen der Zukunft einstellen muss. Es geht darum, mit den Klimafolgen umzugehen, die jetzt schon da sind. Das heißt aber auch, vorzusorgen für die absehbaren Folgen, die noch kommen werden.
Dieser Kampf gegen und mit der Klimakrise ist kein grünes parteipolitisches Interesse oder das persönliche Steckenpferd einer Kulturstaatsministerin, es ist auch nicht das Anliegen einer bestimmten Klientel: Es geht schlicht um eine Überlebensfrage, die uns als Menschen alle und zwar alle gleichermaßen angeht und betrifft. Das Bundesverfassungsgericht hat uns dazu verpflichtet, das Klima zu schützen, um die Freiheits- und Grundrechte zukünftiger Generationen nicht zu beeinträchtigen. Das ist unser Auftrag, und damit auch eine Verpflichtung für mich als Kulturstaatsministerin. Konkret bedeutet das: Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit Kunst und Kultur nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft erlebbar und frei sein können. Damit sie ihr innovatives und kreatives Potenzial freisetzen können. Wir sind gefordert, jetzt zu handeln, mitzudenken und unsere Produktionsweisen und Rahmenbedingungen anzupassen. Es geht in dringlicher Weise darum, unser kulturelles Erbe zu schützen vor den immer heftiger werdenden Umwelteinflüssen, kurz: Kunst und Kultur in jeder Hinsicht nachhaltig und klimaneutral aufzustellen.
Das ist ein bisweilen auch herausfordernder Transformationsprozess. Aber wir haben uns auf den Weg gemacht. Wir finanzieren seit September die Green Culture Anlaufstelle, die dieses Festival großartig organisiert hat. Sie soll bei diesem Umbau eine zentrale Rolle spielen, Kompetenzen bündeln, Wissen zugänglich machen und weitere Beratungsangebote für Kulturinstitutionen schaffen. Sie soll zusammen mit dem Referat für „Kultur und Nachhaltigkeit“, das wir in unserem Haus gegründet haben, Ansprechpartnerin und Impulsgeberin für den Wandel sein. Gemeinsam mit vielen Akteurinnen und Akteuren – auch aus den Ländern und Kommunen, den Dachverbänden und der Zivilgesellschaft, auch auf internationaler Ebene – wollen wir Lösungen suchen, wollen wir bessere Rahmenbedingungen schaffen, wollen wir Modellvorhaben fördern.
Im Filmbereich haben wir bereits das Megathema „Green Shooting“ vorangebracht. Die Einhaltung ökologischer Standards ist in Deutschland nun Voraussetzung für eine Filmförderung durch den Bund. Aber auch in anderen Bereichen, bei den Museen, bei den Theatern oder den Konzertveranstaltern, bei den Bands, den Orchestern, passiert sehr viel. Wir kommen voran. Aber klar ist: Unsere Bemühungen sind lange noch nicht am Ende. Sie können es nicht sein. Wir wollen gemeinsam noch mehr tun für diese Kultur der Nachhaltigkeit, die auch eine Kultur der Freiheit ist!
Das Green Culture Festival wird dazu beitragen können, da bin ich überzeugt. Wir wollen zukunftsfähige Lösungen zum Erhalt und zur Anpassung unserer kulturellen Infrastruktur vorstellen, erdenken und diskutieren. Viele Kulturakteurinnen und -akteure sind schon heute von den Folgen der Klimakrise betroffen, haben bereits jahrelange Erfahrungen in der Klimafolgenanpassung gesammelt. Daraus müssen wir lernen. Gerade die Akteurinnen und Akteure in Kunst und Kultur haben das kreative Potential, innovative Lösungen beim ökologischen Umbau und der notwendigen Klimafolgenanpassung zu entwickeln.
Hier in den faszinierenden Gärten des Schlosses Sanssouci musste man sich schon früh mit der Klimakrise auseinandersetzen und sich an die veränderten Bedingungen anpassen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ist bei der Entwicklung von Anpassungsstrategien im nationalen und europäischen Rahmen seit vielen Jahren dabei. Sie züchtet Pflanzen, die den veränderten klimatischen Bedingungen standhalten können. Sie beschäftigt sich mit verbesserten Bewässerungstechniken und tauscht sich mit anderen europäischen Schlösserverwaltungen national und europäisch dazu aus. Sie trägt also bereits jetzt nach Kräften zur Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit bei.
Der Klimawandel betrifft aber natürlich nicht nur die UNESCO-Welterbe-Anlagen. Während in unseren großen oft bundesgeförderten Park- und Schlösserverwaltungen in Potsdam, Wörlitz, Bad Muskau und Branitz bereits, wie Manja ausgeführt hat, zum Klimawandel geforscht und Erkenntnissen gesammelt worden sind, stehen kleinere denkmalgeschützte Anlagen dieser Herausforderung, dieser Klimakatastrophe oft noch hilflos gegenüber. Es besteht also Handlungsbedarf und der betrifft sicherlich auch staatliche Regelungen und Gesetze. Deshalb meine Bitte an die Verantwortlichen für die Großen und die Kleinen: Kommen Sie mit Ihren konkreten Erfahrungen, Hinweisen und Anregungen auf uns zu! Gerne werden wir prüfen, welche sinnvollen Änderungen oder notwendigen Ergänzungen wir unterstützen können. Und ich bin mir ganz sicher, dass wir hier einen Schulterschluss sowohl mit meinen Kolleginnen Klara Geywitz und Steffi Lemke auf Bundesebene als auch auf Landesebene, Manja Schüle und Axel Vogel, der morgen auch hier sein wird, dass wir genau das hinbekommen werden.
Danke an Sie alle! Dass unsere verschiedenen Ressorts von Bund und Land gemeinsam an diesem Green Culture Festival mitwirken, ist ein starkes und sehr deutliches Signal. Es zeigt, dass wir vereint sind in unserem Kampf für mehr Nachhaltigkeit, eine bessere Klimafolgenanpassung und eine erfolgreiche ökologische Transformation. Ohne die ressortübergreifende Zusammenarbeit würde uns das nicht gelingen. Und deshalb spricht auch viel dafür, die Zusammenarbeit konsequent auszubauen.
Wir bemühen uns sehr, auch auf europäischer Ebene dieses Thema zu verankern, dieses Thema auf europäischer Ebene voran zu treiben. Ich hoffe, dass die Europawahl die nötigen Voraussetzungen dafür schafft. Die Ergebnisse der Wahl werden nämlich Einfluss darauf haben, wie wir uns als europäische Gesellschaften zu der Klimakrise verhalten. Fest steht: Die Klimakrise wird nicht vor irgendwelchen Grenzen halt machen und deshalb müssen wir bei den Lösungen in Europa und global eng zusammenarbeiten.
Der offene Charakter dieses Festivals soll genau dazu beitragen. Besonders danken möchte ich deshalb auch Jacob Bilabel von der Green Culture Anlaufstelle und seinem fantastischen Team, das dieses Festival im Park für Sie gestaltet hat. Und natürlich Herrn Vogtherr von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, ohne den wir nicht in an diesem wunderbaren Ort sein könnten.
Bedanken möchte ich mich aber auch bei Ihnen allen, dass Sie zu uns in den Park gekommen sind. Sie alle bringen Ihre Erfahrungen und Ihre Kompetenzen mit und bringen sie ein! Auch wenn Sie in diesem Jahr vielleicht selbst keine Bühne bespielen, haben viele von Ihnen bereits kleine und große Schritte in Ihren Einrichtungen getan, um die Klimakrise noch zu begrenzen, um ihr zu begegnen. Danke, dass Sie diese neuen Erkenntnisse in ihren jeweiligen Wirkungsfeldern einbringen! Wir brauchen jede und jeden Einzelnen, an möglichst vielen Orten, um auch in Zukunft eine starke, eine nachhaltige, eine freie Kultur zu haben!
Lassen Sie sich inspirieren, und nutzen Sie die Stunden in diesen wunderschönen, einmaligen Gärten, um Kraft zu tanken und neue Ideen zu entwickeln! Um resilient zu sein gegenüber all denen, die unsere Demokratie versuchen anzugreifen und auszuhöhlen. Ich wünsche uns allen in diesem Sinne ein erfolgreiches optimistisches Green Culture Festival!