- Es gilt das gesprochene Wort -
Wie gut, hier zu sein! Hier in Rostock, mit Ihnen und Euch. Zusammen zu sein und zusammenzustehen in dieser finsteren Zeit. Es ist wichtig und es ist gut, eine Kultur zu feiern, die uns Kraft, Mut und Lebensfreude gibt. Eine Kultur kräftig zu feiern, die bedroht wird.
Und damit meine ich nicht den Spießer von nebenan, die um Punkt 22 Uhr bei der Polizei anrufen, das Schallpegel-Messgerät in der Hand. Ich meine eine Gefahr, die wächst und die Musikclubs, die Art, wie wir Kultur leben und lieben, im Kern in Frage stellt. Ich meine den Kulturkampf der Totalitären und der Demokratiefeinde, der sich gegen die Künstler:innen selbst, gegen die Kunst wendet, die ihnen nicht passt. Ich meine den Hass, der sich im Netz verbreitet, Konzerte, Festivals, Vorstellungen stört und verhindert, der Clubs bedroht und boykottiert. Auch hier in Mecklenburg-Vorpommern ist er präsent. In Greifswald kann Sebastian Krumbiegel nur unter Polizeischutz lesen, in Schwerin muss ein Konzert in einem alternativen Kulturzentrum abgesagt werden, in Schwaan bei Rostock ein Musikfestival der Linkspartei. Alles im vergangenen Jahr. Alles wegen Drohungen von Rechtsextremen. Aber – es gibt sie – die Clubs und Festivals wie das „Jamel rockt den Förster“, die sich ganz explizit dagegen wehren. Die standhaft bleiben in diesen schweren Zeiten.
Und das müssen wir alle. Wir dürfen uns nicht wegducken. Wir dürfen Rechtsextreme, Antisemiten, Rassisten und andere Menschenfeinde nicht darüber entscheiden lassen, wo welche Form von Kultur stattfindet. Wir stellen uns an die Seite derer, die sich diesem Kulturhass verweigern, die sich ihm entgegenstellen – jeden Tag und jede Nacht. Die Clubs ermöglichen Nächte voller Musik und Tanz. Sie sind nicht nur Bühnen für talentierte Musikerinnen und Musiker; sie sind auch Rückzugsorte für Kreativität, Inspiration, Gemeinschaft. Hier werden Geschichten erzählt, Träume verwirklicht und Freundschaften geschlossen und Liebe gelebt. Sie schaffen genau die Räume für Vielfalt und Experimentierfreude, in denen unterschiedliche Genres aufeinandertreffen und neue Klänge entstehen können – für unsere Gesellschaft. Sie sind so bunt wie unser „Wir Alle“. Clubs sind wichtige Kulturorte in unserem Land, es sind Freiheitsräume der Kunst und der Demokratie. Diese brauchen wir gerade in unseren dunklen Zeiten, wo Clubs auch Licht, Freude und Ausgelassenheit ermöglichen.
Für ihren so wichtigen Beitrag für unsere offene und vielfältige Demokratie, für unsere reiche Kultur brauchen Clubs auch die Unterstützung der Politik. Eine Unterstützung ist unser APPLAUS-Preis, mit dem Ihr Einsatz, Ihr Engagement, Ihre Leidenschaft gewürdigt werden. Hier in Rostock haben wir mit dem M.A.U. Club und dem Peter-Weiss-Haus zwei wirklich tolle Beispiele, die im vergangenen Jahr den Award bekommen haben. Wir dürfen uns später selbst von der Qualität überzeugen. Solche wunderbaren Orte der musikalischen Vielfalt gibt es im ganzen Land. Sie sollen heute im Mittelpunkt stehen. Danke an alle, die sie möglich machen: Die Betreiber:innen, die mit Herzblut ihre Visionen verwirklichen; die Techniker:innen, die dafür sorgen, dass jede Note perfekt klingt; die Mitarbeiter:innen, die den Gästen ein unvergessliches Erlebnis bieten; und all die anderen Unterstützerinnen und Unterstützer aus der Community. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert! Danke!
Vielen Dank an dieser Stelle auch an Ministerin Bettina Martin für die Beteiligung an der Veranstaltung. Danke an die Stadt Rostock und das Volkstheater, dass wir hier sein können. Danke an Dieter Gorny, stellvertretend für den Aufsichtsrat. Danke an die wunderbare Fachjury, vertreten durch die Vorsitzende Nadin Deventer und dem Team der Initiative Musik unter der Leitung von Frau Katja Lucker für die Organisation und Durchführung des APPLAUS. Sie sind großartig!
Aber wir wollen die Öffentlichkeit dieses Abends nutzen, auch über die Probleme der Branche zu sprechen. Über die Auswirkungen der Pandemie, der Inflation, der Energiekrise. All das bedroht die Clubkultur. Es machte vielen von Ihnen Angst. Steigende Mietpreise und Mietverträge, die nicht verlängert werden und damit besonders unabhängige Clubs enorm unter Druck setzen. Herausforderungen, die es vielen Clubbetreiber:innen unmöglich machen, langfristig zu planen oder wirtschaftlich stabil zu bleiben. Viel zu oft verschwinden deshalb Kulturräume, verlieren wir Orte, die für sozialen Austausch, Kreativität und die Entfaltung von
Subkultur unverzichtbar sind. Ja wir müssen mehr tun, müssen politisch und gesellschaftlich mehr Ihre so wichtige Arbeit unterstützen.
Auch deshalb haben mein Haus und ich uns im vergangenen Jahr viel mit Verordnungen und Verwaltungsvorschriften beschäftigt. Das klingt erstmal unsexy – ist es zugegeben auch – aber gleichzeitig ist es verdammt wichtig. Es ist wichtig, das Baurecht sowohl für die Kultur insgesamt als auch speziell für Clubs zu verbessern. Dafür haben wir gestritten. Die im aktuellen Entwurf zur Baunutzungsverordnung entschiedene Aufhebung der Gleichstellung von Clubs mit Vergnügungsstätten ist dabei ein erster wichtiger Erfolg – und wir setzen uns gerade sehr entschieden dafür ein, dass das jetzt noch verabschiedet wird! Was auch weiterhin drängend bleibt, ist die Überarbeitung der TA Lärm – auch an dieser wichtigen Frage bleiben wir weiter dran! Auf allen Ebenen habe ich für Veränderungen im Sinne der Clubs gekämpft. Ein weiteres Ergebnis davon ist der Bundesschallschutzfonds, mit dem der Schallschutz der Musikclubs verbessert werden soll. Ich freue mich, dass sich die Initiative Musik für die Umsetzung angeboten hat.
Musikclubs waren und sind immer auch Orte der Avantgarde, wo Neues ausprobiert und geschaffen wird, wo Schneisen in die Zukunft geschlagen werden. Sie haben sich vielfach neu erfunden, auch als Safer Spaces. Auch diese klare Zukunftsorientierung, die das Morgen als Chance und Möglichkeit begreift – auch das brauchen wir in diesen Zeiten dringend. Und da bin ich sehr gespannt und freue mich, was da noch alles von Ihnen kommen wird, was uns da alle noch erwartet.
Herzlichen Glückwunsch an alle Preisträger:innen. Ich wünsche uns allen einen wunderbaren Abend ganz im Sinne von Bruce Springsteen: „stay hard, stay hungry, stay alive“!