Die soziale Lage für freischaffende und selbstständige Künstler und Kreative zu verbessern – das habe sie sich fest vorgenommen, sagte Kulturstaatsministerin Roth heute zum Auftakt des Treffens mit Vertreterinnen und Vertretern der Kultur- und Kreativbranche in Berlin. Denn auch jenseits der Pandemie seien sozialen Rahmenbedingungen nötig, um individuelles künstlerisches Schaffen zu ermöglichen – und damit auch ein freiheitliches Kulturleben, so die Staatsministerin für Kultur und Medien.
Auch Bundesarbeitsminister Heil nimmt die Sorgen und Anliegen der Kreativen sehr ernst. In den zwei Jahren der Corona-Pandemie hätten wir wie durch ein Brennglas erlebt, was passiert, wenn Menschen durch das Raster fallen, sagte er. Die Kulturstaatsministerin und der Arbeitsminister hatten zu der Veranstaltung unter dem Titel „Im Spannungsfeld zwischen künstlerischer Freiheit, Eigenverantwortung und sozialen Risiken“ ins Haus der Kulturen der Welt eingeladen.
Angemessene Vergütung und wirtschaftliche Wertschätzung
Im gemeinsamen Austausch wurden daher schnell die existenziellen Nöte der Kreativen und Künstler deutlich. So käme eine riesige Welle an Altersarmut auf uns zu, wenn die Grundsicherung nicht angepasst würde, sagte der Sprecher des Deutschen Künstlerbundes Albert Weis. Dies bekräftigte Cilgia Gadola vom Bundesverband Freie Darstellende Künste. Selbst renommierte, vielfach ausgezeichnete Künstlerinnen und Künstler könnten teilweise mit nur 650 Euro monatliche Rente rechnen, erklärte sie.
Einig war sich das Plenum darin, dass die aktuellen Rahmenbedingungen den verschachtelten, projektbezogenen und teils auch wechselnden Erwerbsbiographien in der Kulturbranche nicht gerecht würden. Zu sehr basierten diese auf den Kategorien dauerhafter abhängiger oder selbständiger Beschäftigung. Wichtig sei eine effektivere kollektive Interessendurchsetzung, unter anderem zur Verbesserung der Vergütungssituation. Viel zu oft werde künstlerische Arbeit als selbstverständlich kostengünstig oder gar kostenfrei hingenommen und nicht angemessen honoriert.
Zahlen und Fakten
Berücksichtigt man auch geringfügig Erwerbstätige, waren 2019 fast 1,8 Millionen Erwerbstätige in der Kultur- und Kreativbranche aktiv. Zusammen erzielten die 258.790 Unternehmen ein Umsatzvolumen von mehr als 174 Milliarden Euro. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Branche waren enorm: Zu den besonders stark betroffenen Teilmärkten gehören unter anderem der Markt für Darstellende Künste (- 81 Prozent), die Musikwirtschaft (- 44 Prozent), die Filmwirtschaft (- 41 Prozent) und der Kunstmarkt (- 39 Prozent).
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
Auswirkungen der Corona-Pandemie immer noch massiv
Neben den grundsätzlichen Forderungen der Branche bei der sozialen Absicherung oder einer angemessenen Vergütung waren auch die akut auftretenden Probleme durch die Corona-Krise Thema. So berichtete beispielsweise Felix Eicke, Vertreter des Bündnis D-PopKultur und Schlagzeuger der Band „Leoniden“, von den finanziellen Einbußen, die Bands und Konzertveranstalter aktuell erleben.
Viele Touren und Konzerte seien vor drei Jahren geplant worden, erklärte er. Damals jedoch noch zu ganz anderen Konditionen. Tickets, die 20 Euro kosten, müssten unter den aktuellen Marktbedingungen mit teils verdoppelten Preisen und aufgrund des Personalmangels eigentlich für 35 Euro verkauft werden. So dürfe die Musikbranche zwar endlich wieder die Bühnen bespielen, allerdings mit hohen Verlusten.
Roth und Heil stellen Maßnahmen in Aussicht
Als Kulturstaatsministerin will Roth die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellten arbeits- und sozialpolitischen Vorhaben eng begleiten. Die angemessene Vergütung kreativer Leistungen sei Grundlage für die Tätigkeit von Kreativen und damit zentral für deren soziale Absicherung. Außerdem solle die Künstlersozialkasse weiterentwickelt werden, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.